Vergoldermeisterin Anna-Kathrin Hübner
Der Wunsch, Dinge gülden schimmern zu lassen, ist schon fast so alt wie die Faszination für Gold selbst. Bereits in der Antike wurden Statuen und Innenräume vergoldet und seitdem gab es keine Kunstepoche, die auf die repräsentative Wirkung vergoldeter Oberflächen verzichtet hat. Wenn sich auch der Kunstgeschmack immer wieder gewandelt hat, eines blieb seit der Antike fast unverändert: Das Handwerk des Vergoldens. Das zeigt ein Besuch bei der Vergoldermeisterin Anna-Kathrin Hübner in Hamburg.
„Was ich in die Finger bekomme, muss ich einfach veredeln“, verrät uns Anna-Kathrin Hübner schon während der Begrüßung. Und wirklich: In der „Vergolderei“ in Hamburg glänzt es in allen Ecken. „Was hier glänzt, ist wirklich alles Gold“, gesteht uns die Vergoldermeisterin schmunzelnd. „Sogar mein Tacker.“ Doch nicht nur der! In den offenen Regalen und an den Wänden buhlen vergoldete Gänseeier, putzige Hasen, barocke Prunkuhren, verspielte Holzrosetten, kleine Möbel, aber vor allem Rahmen in allen Größen und Stilrichtungen um die Gunst des Betrachters. „Ich bin ein richtiger Rahmenjunkie“, erzählt die Hamburgerin. Immer auf der Suche nach ausgefallenen Stücken und Raritäten, besucht sie regelmäßig Auktionen, Flohmärkte, durchforstet das Internet und pflegt die Kontakte zu Händlern auf der ganzen Welt. Ihr Fundus ist wirklich beeindruckend und reicht von barocken Prunk- bis zu individuell gefertigten Schattenfugenrahmen. Jeder Rahmen ist ein Original und Einzelstück, das von Anna-Kathrin Hübner bei Bedarf fachmännisch restauriert wird.
Trotz ihrer Rahmenpassion ist und bleibt das Vergolden jedoch ihre wahre Berufung. Egal, ob es sich bei den Vergoldungsobjekten um Rahmen, Möbel, Gänseeier, Kinderschuhe, Golfbälle oder Chirur-genbesteck handelt, die durch die Vergoldung eine besondere Symbolwirkung erhalten. Dass die seit Jahrtausenden eigentlich unveränderte Handwerkskunst des Vergoldens nicht nur großes handwerkliches Geschick, sondern extrem viel Erfahrung und ein Höchstmaß an Konzentration erfordert, davon können wir uns überzeugen, als die Kunsthandwerkerin uns an ihre Werkbank bittet. Dort hat sie einen Kundenauftrag aus Australien in Arbeit. Die aufwendigen Vorbereitungen sind bereits abgeschlossen. Bevor Anna-Kathrin Hübner sich an das eigentliche Vergolden macht, erklärt sie uns kurz ihre Handwerkzeuge, an denen sich quasi seit Jahrtausenden kaum etwas verändert hat und die oft von Vergoldergeneration zu Vergoldergeneration weitergegeben werden. So stammen auch das Ver-golderkissen und die verschiedenen Achatsteine, mit denen die Goldauflage später poliert wird, von dem Lehrmeister der quirligen Kunsthandwerkerin.
Als diese für die Kamera zum Vergoldermesser greift, um die hauchdünnen Goldblättchen in passgenaue Stücke zu schneiden, wird sie ganz still. Selbst ihr Atem geht ganz flach, als sie hochkonzentriert mit dem sogenannten Anschießer, ein breiter Pinsel aus Eichhörnchenhaaren, die Goldblättchen auf den vorher benetzten Rahmen „anschießt“. „Das Gold muss aufgetragen werden, solange die sogenannte Netze, eine Mischung aus Äthylalkohol und Wasser, noch feucht ist“, weiht uns Anna-Kathrin Hübner in die Geheimnisse ihrer Handwerkskunst ein. „Auch der optimale Zeitpunkt für die Politur ist reine Erfahrungssache. Die Achatsteine dürfen erst zum Einsatz kommen, wenn die Netze restlos verdunstet ist, und das erkennen erfahrene Vergolder einfach am Klang.“