Brillante Tischbegleitung
Im Interview mit dem „Diamond Couple“
Wenn sie gemeinsam am Tisch Platz nehmen, kann das viele Gründe haben: Christine und Michael Marhofer sitzen einander sowohl regel-mäßig in Business Lunches oder am Schreibtisch gegenüber als auch am heimischen Abendbrottisch mit der Familie. Vor drei Jahren haben die beiden Unternehmer eines der ersten umweltfreundlichen Diamantlabore in Deutschland gegründet. 2024 haben sie nicht nur ihr Commitment zum gemeinsamen Geschäft besiegelt, sondern auch ihre Liebe zueinander: mit einer spektakulären Hochzeit auf Mallorca. A LA CARTE hat das „Diamond Couple“ interviewt und spannende Einblicke darüber erhalten, wie am Standort Deutschland echte nachhaltige Diamanten wachsen.
Frau Marhofer, was halten Sie von einem der wohl bekanntesten Verlobungsbräuche: dem Diamantring im Champagnerglas?
CM: Ich glaube, wichtig ist immer, dass der Antrag zu dem individuellen Paar passt. Jede und jeder darf seinen oder ihren Heiratsantrag so gestalten, wie er oder sie sich das wünscht. Ob im Champagnerglas, zu zweit oder mit Freundinnen und Freunden – es gibt da kein Richtig und Falsch. Für mich kommt es darauf an, dass man seinen individuellen Stil findet, und vielleicht auch durch die Antragsgestaltung seine Werte ausdrückt. Aber ich bin trotzdem ganz froh darüber, dass ich meinen Verlobungsring nicht im Champagnerglas, sondern auf andere besondere Weise überreicht bekommen habe.
Wie haben Sie – als Diamantring-Expertin – denn Ihren Antrag erhalten?
CM: Michael und ich waren im Flugzeug auf dem Weg in den Urlaub. Mein ganzes Umfeld hat bereits gemunkelt, dass es da passieren könnte, aber ich war die Letzte, die es geglaubt hat – bis Michael mit dem Ring vor mir stand. Natürlich mit einem mandana-Ring, einer Sonderanfertigung sogar. Aus unserer eigenen Produktion.
mandana Jewellery ist die Schmuckmarke, die Sie gemeinsam gegründet haben. Wie kam es dazu?
CM: Das ist eine längere Geschichte. Ich habe Textilbetriebswirtschaft an der LDT Nagold studiert und danach als Einkäuferin für prominente Fashion-Brands gearbeitet. Mein Job war es, Trends in den Handel zu bringen, denn ich hatte schon immer ein Gespür dafür, welche Nischen-Hypes das Zeug haben, sich zu einer nachhaltigen Lifestyle-Strömung zu entwickeln. In dieser Zeit konnte ich mein Trend-Gespür schärfen und tiefer in die Welt des Luxus eintauchen. Dabei stieß ich allerdings auch auf ein großes Problem: Die schnelllebige Mode-Branche war zu damaligen Zeiten kreativ und glamourös, aber alles andere als nachhaltig. Ich hatte mittlerweile drei Kinder zur Welt gebracht, weshalb es mir immer wichtiger wurde, nicht nur eine oberflächlich schöne Welt zu gestalten, sondern auch eine langfristig und nachhaltig lebenswerte. Ich wollte meinen Kindern etwas hinterlassen, das einen emotionalen, materiellen und auch ideellen Wert hat. 2021 habe ich mich dann endlich dazu durchgerungen, etwas Eigenes zu gründen. Mein Motto: Spring, und das Netz wird erscheinen! Und das tat es auch.
Herr Marhofer, Ihre Frau hat Sie mit einer Idee angesteckt – was für eine Idee war das?
MM: Christines Trendgespür damals hat uns dazu verholfen, dass wir heute zwei hochspannende Unternehmen gemeinsam führen. Als sie auf mich zukam, steckte die Idee noch in den Kinderschuhen: Ich erfuhr durch Christine erstmalig von sogenannten lab-grown Diamanten im Schmuckbereich. Das sind im Labor gezüchtete echte Diamanten, die den gleichen 4C-Qualitätskriterien entsprechen wie Minendiamanten und dieselben chemischen und physikalischen Eigenschaften mitbringen. Der wichtige Unterschied: Lab-grown Diamanten umgehen zahlreiche negative Implikationen, die mit dem klassischen Minenabbau zusammenhängen.
Was sind das für negative Implikationen?
MM: Der Abbau von Diamanten im Tagebau ist häufig mit der Umwälzung von Hunderten Tonnen Erde verbunden, wonach die Flächen unbrauchbar für die Landwirtschaft zurückbleiben. Außerdem müssen oft Regenwälder abgeholzt oder Flüsse umgeleitet werden, um Diamanten zu fördern, was ganze Ökosysteme zerstört. Nicht zuletzt werden im Prozess Unmengen an CO2 freigesetzt und Menschen arbeiten unter teils unwürdigen Bedingungen. Labordiamanten hingegen benötigen zur Produktion als wichtigste Ressource lediglich Strom, den wir ökozertifiziert einkaufen oder sogar selbst umweltfreundlich aus erneuerbaren Energien produzieren können. Christines Idee lautete, nachhaltigen Schmuck aus recyceltem Gold mit lab-grown Diamanten zu produzieren – ein ebenso aufwendiges wie wertvolles Unterfangen. So entstand unsere Schmuckmarke mandana Jewellery.
Aber Sie beide haben ja noch ein zweites Unternehmen.
CM: Stimmt. Anfangs haben wir überlegt, die lab-grown Diamanten für unseren nachhaltigen Luxusschmuck extern einzukaufen. Auch hier stießen wir jedoch schnell auf Widerstand: Zum damaligen Zeitpunkt wurden Labordiamanten fast ausschließlich weit entfernt in Asien unter undurchsichtigen Produktionsbedingungen gefertigt. Uns kam es falsch vor, eine nachhaltige Schmuckmarke zu gründen, wenn wir nicht zu 100 Prozent sichergehen konnten, dass auch die Diamanten nachhaltig entstanden sind. Also entschieden wir, dass wir die lab-grown Diamanten selbst heranziehen wollten – als eines der allerersten Labore am Standort Deutschland. „Made in Germany“ war unser Motto. Damit war die Gründung unseres zweiten Unternehmens am Standort Essen beschlossen, und wir ließen als Markennamen Nevermined eintragen: Das steht für „never“ und „mined“, im Sinne von „niemals abgebauten“ Diamanten.
Die Masterfrage: Wie entwickelt man denn echte Diamanten im Labor?
CM: (lacht) Die Frage haben wir uns damals auch gestellt. Und sie zu beantworten, war gar nicht so leicht. Diamanten wachsen im sogenannten CVD-Verfahren in speziellen Maschinen heran. Aber nicht mal die Maschinenhersteller wissen, wie genau das funktioniert. Wir mussten die chemischen und physikalischen Rezepturen dafür eigens entwickeln.
MM: Da Christine und ich beide aus der wirtschaftlichen Richtung kommen, haben wir uns auf die Suche nach den versiertesten und zugleich fortschrittlichsten Science-Expert:innen begeben. Und wir wurden fündig: Gemeinsam mit unseren Prozessingenieuren haben wir in zahlreichen Trial-and-Error-Versuchen die physikalischen Formeln entwickelt – für hochqualitative klare als auch für farbige Diamanten.
CM: Dafür wird ein sogenannter „Seed“, ein Diamantplättchen, in die Maschine eingelegt. In einem Vakuum wächst dieser Seed Schicht für Schicht zu einem Diamanten heran, indem sich Kohlenstoffteilchen auf der Oberfläche absetzen. Das war eine nervenaufreibende Zeit, da jeder Versuch einen fünfstelligen Betrag kostete. Aber wir haben es geschafft. Heute wachsen im Labor von Nevermined jedes Jahr über 175.000 Karat Rohdiamanten in Schmuckqualität. Bei mandana Jewellery verarbeiten wir diese in hochwertige Neo-Luxury-Schmuckstücke. Außerdem verkaufen wir unsere Nevermined-Diamanten im B2B-Geschäft auch an externe Schmuckproduzenten, Juweliere und Goldschmiede.
Manche Kritiker behaupten, dass mit der Produktion von Diamanten im Labor die romantische Symbolik verloren geht. Was denken Sie darüber?
CM: Wir finden, dass der Labordiamant sogar eine noch viel stärkere Symbolkraft mitbringt. Man muss sich das mal überlegen: Für die meisten Menschen steht ein Diamant vor allem für die Ewigkeit. Manche würden vielleicht noch sagen „ewige Liebe“, da der Diamant der Klassiker der Verlobungsring-Edelsteine ist. Dieses Verständnis hatte ich natürlich auch immer. Mittlerweile hat sich mein Verständnis jedoch gewandelt. Der Diamant steht für mich nicht länger für „Ewigkeit“, weil er ewig lang unter der Erde gepresst wurde oder weil er durch seinen hohen Härtegrad ewig lang bestehen kann. Wenn ich heute an Diamanten denke, dann sind das lab-grown Diamanten, die vor allem deshalb für die Ewigkeit stehen, weil sie durch ihren nachhaltigen Produktionsprozess einen Beitrag dazu leisten, unseren Planeten zu schonen – auf dass er ewig währt. Denn nur, wenn wir unsere Umwelt schützen, schaffen wir auch die nötigen Voraussetzungen, dass eine Liebe „ewig“ währen kann.
Und wie sieht es mit der Wertbeständigkeit aus? Sind Labordiamanten genauso viel wert wie geförderte und eignen sie sich als wertstabile Geldanlage?
MM: Als Kapitalanlage würden wir lab-grown Diamanten nicht empfehlen – genauso wenig übrigens wie Minendiamanten. Das Material „Diamant“ ist längst nicht so knapp, wie uns die Marketingstrategien der Diamantindustrien glauben lassen. Dieses Narrativ in Verbindung mit der starken Kontrolle des Angebotes und dem Image, Diamanten seien extrem selten, hat die Preise in der Vergangenheit hochgehalten. Würde es im Diamantmarkt einen unbeeinflussten Wettbewerb geben, würden die Preise jedoch extrem fallen. Diese Entwicklung hat auch schon eingesetzt: Die Preise für Minendiamanten fallen seit Jahren, auch getrieben durch den Wettbewerb mit lab-grown Diamanten. Insofern würden wir weder lab-grown noch Minendiamanten als stabile Wertanlage betrachten.
CM: Im Gegenteil. Uns geht es darum, die künstliche Verknappung in der Diamantindustrie aufzuheben. Der Preis von unseren lab-grown Diamanten definiert sich nach den Herstellkosten und deren überragender Qualität – dadurch können wir unsere Nevermined-Diamanten bis zu
70 Prozent günstiger anbieten als Minendiamanten. Bei farbigen Diamanten ist der Faktor sogar noch höher. Und das bei gleichbleibender oder sogar höherer Qualität. Unser Ziel ist es, Luxus zu demokratisieren. Deshalb bleiben wir immer unserer Devise treu: „Luxusschmuck darf nicht die Welt kosten.“ Weder finanziell noch in der Verantwortung für unseren Planeten.